Leben
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Paris 1905-1914

1905
Eine der Attraktionen des Jahres 1905 ist die Manet-Ausstellung im Pariser Herbstsalon. Purrmann besucht den Herbstsalon und lernt Werke der „fauves“ kennen, vor allem von Matisse und Derain. Er siedelt im November nach Paris über, wo er sich zunächst ohne Sprachkenntnisse im Kreis der deutschsprachigen Maler des Café du Dôme aufhält. Er wird von Rudolf Levy, Walter Bondy und Albert Weisgerber willkommen geheißen. Neben Künstlern verkehren dort auch Sammler wie Karl Ernst Osthaus, der Kritiker Julius Meier-Graefe und auch der spätere Kunsthändler Alfred Flechtheim.
1906
Im Frühjahr kann Purrmann in einer Reihe weiterer Ausstellungen Werke von Matisse studieren. Ende des Jahres kommt er in Berührung mit der Familie Stein, den frühen Mäzenen von Matisse. Er besucht seitdem deren gesellschaftlichen Jour fixe am Samstagabend, wo auch Picasso verkehrt. Purrmann beginnt Bilder von Matisse und anderen französischen Malern zu erwerben. Er hat sein Atelier in 17, Rue Campagne Première, direkt unter dem Atelier seiner späteren Frau Mathilde Vollmoeller (1876-1943), die es zeitweise Rilke überlassen hat.
1907
Die große Cézanne-Gedächtnisausstellung im Herbstsalon wird für Purrmann, wie für viele andere Künstler auch, zu einem prägenden Erlebnis. Im Juni besucht Purrmann zusammen mit Othon Friesz L’ Estaque, um nach Motiven Cézannes zu suchen. Sie entdecken in einer Höhle Malspuren des verehrten Meisters. Anlässlich der Ausstellung treffen weitere deutsche Künstler in Paris ein, wie Oskar und Margarete Moll, die später zu den Sammlern Purrmanns gehören.
1908
Im Juni führt Purrmanns erste Reise mit Matisse über Speyer, München, Nürnberg nach Heidelberg. Auf Anregung von Sarah Stein und Hans Purrmann wird in Paris die Académie Matisse im Couvent des Oiseaux eröffnet, später im Pariser Vorort Issy-les-Molineaux. Purrmann ist als „massier“ (Obmann) für die Ordnung im Atelier sowie die Betreuung der Modelle verantwortlich. Unter den Schülern sind Oskar Moll, Rudolf Levy, Friedrich Ahlers-Hestermann, Franz Nölken und auch Mathilde Vollmoeller, eine talentierte junge Malerin, die im Herbstsalon ausstellt. Sie ist die Schwester des Schriftstellers Karl Vollmoeller. Matisse erinnert sich 1951 an seine Lehrtätigkeit: „Ich pflegte von Zeit zu Zeit abends dort vorbeizugehen, um zu sehen, was sie machten. Sehr bald wurde mir klar, dass ich mich meiner eigenen Arbeit widmen musste und dass ich im Begriff war, zuviel von meiner Energie zu verschwenden. Nach jeder Kritik sah ich mich Lämmern gegenüber, und ich musste sie dauernd wieder auf die Beine stellen, jede Woche, um Löwen aus ihnen zu machen. So fragte ich mich, ob ich nun eigentlich ein Maler oder ein Lehrer sei; ich kam zum Schluß, ich sei ein Maler, und gab die Schule rasch auf. Purrmann (Mitglied und Professor an der Akademie in Berlin), Grünwald (Professor in Stockholm) und der Skandinavier Sörenson waren meine Schüler“ (Matisse 1951, S. 234 f.) Purrmann war beauftragt, in der Galerie Cassirers eine Matisse-Ausstellung einzurichten. Daher erfolgte die zweite Reise mit Matisse von Dezember 1908 bis Januar 1909 nach München, Weimar, Hagen und Berlin, wo sie allerdings auf Unverständnis stiessen und enttäuscht abreisen (vgl. Weidemann 2006, S. 7).
1909
Sommeraufenthalt in Cassis in Südfrankreich am Mittelmeer. Angeregt von Matisse, versucht sich Purrmann auch in wenigen plastischen Arbeiten, er fertigt vier Gipse von stehenden Akten an, die erst nach seinem Tod in Bronze gegossen werden.
1910
Purrmann sieht im Januar die Cézanne-Ausstellung bei Bernheim-Jeune in Paris. Gemeinsam mit Eugen von Kahler und Curt Glaser fährt er im Juni nach England, besucht diverse Galerien, zeichnet nach Gemälden von Turner und auch nach Skulpturen im British Museum. Vermutlich kommt Purrmann auf dieser Tour auch nach Holland und kann in Amsterdam Werke von Rembrandt und Frans Hals studieren (vgl. Göpel 1961, S. 308). Im Sommer Aufenthalt in Collioure. Im Oktober findet die dritte Reise mit Matisse und Marquet nach München statt; Ziel ist die Ausstellung islamischer Kunst. Hier ergibt sich ein Treffen mit Hugo von Tschudi und eine angeregte Diskussion über van Gogh.
1911
Malaufenthalte in Collioure und Ajaccio auf Korsika. Mitte Oktober treffen sich Purrmann und Mathilde in München, um die Heirat für das kommende Jahr zu beschließen. Mathilde pflegt ihren Vater Robert Vollmoeller in Stuttgart bis zu dessen Tod Ende Oktober. In Berlin zeigt Purrmann Werke aus Paris in einer Gruppenausstellung bei Paul Cassirer.
1912
Am 13. Januar heiraten Hans Purrmann und Mathilde Vollmoeller in Stuttgart. Von der Hochzeitsreise nach Ajaccio auf Korsika schreibt Mathilde am 4. Februar 1912 an Rainer Maria Rilke Folgendes: „Große Kautschukbäume, blühende Mimosen, Geranien und Rosen, und eine verlassene aufgegebene Stadt, fast ohne Gäste und verwilderte Gärten um geschlossene Häuser. Wir wollen ein Unterkommen für Monate suchen und bescheiden um Zutritt und nähere Bekanntschaft mit diesen herrlichen Bäumen, Felsen, Meer und Mauern bitten. Bis uns die Hitze vielleicht vertreibt, wer weiß, vielleicht kennen Sie Corsika? Uns ist es eine Steigerung nach Südfrankreich und ladet uns von allen Seiten zur Arbeit ein.“ (Rilke-Vollmoeller 2001, S. 94) Aber Mathilde erkrankt an Malaria, so dass sie allein vorzeitig nach Deutschland zurückkehrt, um sich zu kurieren. Im September wird Tochter Christine (1912-1993) geboren, die in den 50er Jahren eine berühmte Pianistin werden sollte. Wegen der Geburt der Tochter hält sich auch Purrmann in Beilstein bei Heilbronn auf, wo einige Bilder entstehen. Beilstein ist der Familiensitz der Familie Vollmoeller, den Robert Vollmoeller erwarb und den Elisabeth Wittenstein, die Schwester Mathildes, bewohnt und bewirtschaftet.
1913
Purrmann findet eine neue Wohnung in Paris und schickt Mathilde Briefe mit Grundrissen einer Bleibe an der Rue d’ Arras. Aus Bewunderung für Renoir erwirbt Purrmann ein Bild und lernt den Sammler Götz kennen, der sich mit Seurat befasst.
1914
Der Sohn Robert (1914-1992) wird am 30. Januar in Paris geboren.