Leben
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Berlin/Langenargen 1916-1935

1916
Purrmann übersiedelt Ende Januar nach Berlin, wo er in Berlin-Grunewald, Franzensbaderstr. 3 bis 1923 wohnt (vgl. Dresslers Kunsthandbuch 1921, S. 462). Sein Atelier hatte er Berlin-Schmargendorf, Marienbaderstr. 1. Wie er seinem Bruder schreibt, ist er außerordentlich erfolgreich, sogar Museen bestellen bei ihm Bilder. Er wird zum Stammgast im Romanischen Café, wo auch die befreundeten Maler Rudolf Levy, Rudolf Grossmann, Konrad von Kardorff sowie Max Slevogt verkehren, ebenso wie der Kunsthistoriker und Redakteur der wichtigen Zeitschrift Kunst und Künstler Karl Scheffler. Mit ihm führt Purrmann seit Anfang der 20er Jahre eine rege Korrespondenz (24 Briefe Purrmanns befinden sich im Archiv der Akademie der Künste in Berlin). Er lernt den Schriftsteller Johannes Guthmann kennen, der viele Bilder Purrmanns erwirbt. Purrmann trifft Heinz Braune in Glonn (im Südosten von München) wieder und porträtiert dessen Frau Mary zum zweiten Mal. Nach längerer Behandlung in Heidelberg stirbt Purrmanns Mutter Elisabeth im April in Speyer. Im September 1916 wird Tochter Regina geboren (1916-1997). Purrmann hält sich auch in Nenndorf bei Hannover auf.
1917
Max Raphael veröffentlicht einen Kunstbrief an Purrmann, in welchem er zwei seiner Atelierinterieurs bespricht, die er in einer Ausstellung in Zürich gesehen hat.
1918
Noch vor Ende des Ersten Weltkrieges, von Juni bis Juli 1918, findet in den Räumen der Kunsthandlung Paul Cassirer in Berlin die erste große Einzelausstellung Purrmanns statt, zu der ein bebilderter Katalog erscheint. Anlässlich dieser Schau schreibt Curt Glaser in Kunst und Künstler den ersten großen Aufsatz über Purrmann. Gemeinsam mit Glaser besucht Purrmann Erna Schilling, die Lebensgefährtin Ernst Ludwig Kirchners, und lernt dessen Atelier in Berlin kennen.
1919
Im März wird Purrmann auf Vorschlag von Liebermann und Slevogt Mitglied der Preußischen Akademie der Künste in Berlin sowie Mitglied der Ankaufskommission der Nationalgalerie, wie im Weltspiegel am 6. April 1919 mit einem Foto bekannt gegeben wird. Ihm wird von der Berliner Akademie eine Professur angeboten, die er aber ablehnt; der Professorentitel wird ihm wohl um diese Zeit von einer bayerischen Institution verliehen (Hinweis Dr. Adolf Leisen, Speyer).
Am 21. Oktober wird der Kaufvertrag über das direkt am Bodensee gelegene Fischerhaus in Langenargen abgeschlossen, in dem Purrmann bis 1935 regelmäßig wohnt und arbeitet. Zuvor hatte Purrmann auch einen Sommersitz in der Pfalz und in der Nähe von Würzburg in Erwägung gezogen. Das Haus wird nach dem Tod von Mathilde 1943 wieder verkauft.
Es bestehen seit der Pariser Zeit gute Kontakte zum Kunstkritiker Wilhelm Uhde, wie Postkarten Uhdes an Purrmann belegen. Purrmann gratuliert in Kunst und Künstler Hans Thoma zu seinem 80. Geburtstag, die erste nachweisbare Publikation. Gemeinsam mit Curt Glaser macht Purrmann Vorschläge zur Verbesserung des Berliner Ausstellungswesens.
1920
Das Atelier in Langenargen ist fertig eingerichtet. Zusammen mit Heinz Braune und Paul Cassirer nimmt er im Juni an einer Reise nach Rom teil. Von August bis September reist Mathilde „geschäftlich“ nach Paris (Reisepass Mathilde, Hans Purrman Archiv). Um diese Zeit findet im Hotel Drôuot in Paris eine Versteigerung des in Paris zurückgelassenen Besitzes Purrmanns statt (Wohnung und Atelier mit Möbeln und Kunstwerken). Mathilde ist vermutlich bei diesen Auktionen anwesend, wobei es zu einem Zwischenfall kommt und sie kurzzeitig in Gewahrsam genommen wird.
In der Zeitschrift Genius erscheint eine erste Notiz Purrmanns über Matisse. Eine Reise nach Schlesien, Breslau und Schreiberhau, findet in diesem Jahr auch statt, wo aquarelliert wird (Beschriftung Purrmanns auf Fotorückseiten nach Aquarellen). Dort trifft Purrmann evtl. auch den aus Breslau stammenden Sammler Max Silbermann (vgl. Heilmann 85-87).
1921
Offensichtlich hat Purrmann nicht seinen ganzen Kunstbesitz in Paris zurückgelassen oder kann sogar Kunstbesitz zurück erwerben. Paul Cassirer bedankt sich Ende 1921 schriftlich bei Purrmann für die Leihgaben zu seiner Cézanne-Ausstellung.
Purrmann wird ausführlich in Schefflers Buch Talente (Berlin 1921) besprochen, der Scheffler in Kunst und Künstler eine Darstellung unter dem Titel Hans Purrmann und der moderne Kolorismus hinzufügt.
1922
In den Sommermonaten reist Purrmann mit seiner Familie an den Golf von Neapel, nach Sorrent. Rudolf Grossmann begleitet sie und fertigt dabei eine Reihe von Zeichnungen an, die 1925 als Illustrationen in Annette Kolbs Erzählung Veder Napoli e partire eingehen.
Der Künstler findet Erwähnung in Glasers Standardwerk Die Graphik der Neuzeit (Berlin 1922). Purrmann setzt seine schriftstellerische Tätigkeit fort und publiziert drei Aufsätze: Aus der Werkstatt Henri Matisses, Formlose Notizen über Graphik und zum Tod von Reinhard Lepsius; auch schreibt er ein Vorwort für den Katalog seines Freundes Rudolf Levy und antwortet im Kunstblatt auf die Frage: Ein neuer Naturalismus?
1923
Bis 1927 hatte Purrmann seinen Hauptwohnsitz in Rom, die Kinder gingen dort zur Schule. Im Inflationsjahr hält er sich während des Frühjahrs in Rom und Sorrent auf. Bilder von der Mittelmeerküste entstehen, die so genannte Villa Gorki dient als Bildmotiv. Er malt erste Gemälde vom Forum Romanum; auch beginnt er gemeinsam mit Hermann Ebers, Bilder in der Galleria Borghese zu kopieren, darunter ein Werk Tizians.
1924
In diesem Jahr geht die Fahrt im Juni/Juli nach Sorrent mit Abstechern nach Neapel. Wie Scheffler 1930 in seinen Künstleranekdoten mitteilt, sei Purrmann in diesem Jahr erstmals auf Ischia gewesen, gemeinsam mit den Kollegen Kardorff und Spiegel. Auf Ischia befasst sich Purrmann auch mit Druckgraphik (vgl. Heilmann 89-90) und trifft im September vermutlich Matisse.
1925
In Basel findet in der Galerie Pro Arte eine Einzelausstellung Purrmanns statt. Die Eröffnungsrede hält der befreundete Kunsthistoriker Friedrich Rintelen (1881-1926), Professor für Kunstgeschichte in Basel, den der Maler in seiner Münchner Zeit porträtiert hat.
1926
Im Frühjahr hält sich Purrmann in München und Venedig auf. Im Juli und September wieder in Langenargen, malt er das Kircheninnere von St. Martin. Im Oktober fährt er nach Paris, wo er die Sammler Leopold und Sarah Stein und die Frau von Matisse trifft.
1927
Im Frühjahr ist Purrmann wieder in Rom. Am 16. Juni schreibt Purrmann aus Langenargen an seinen Kollegen Wohlgemuth: „ (...) gestern kam ich aus Rom zurück. Ich habe die letzten fünf Jahre im Winter in Italien gelebt und nur im Sommer hier am Bodensee. In Berlin habe ich noch Atelier und Wohnung (aber vermietet) und war in der ganzen Zeit überhaupt nicht dort! Doch diesen Winter werde ich wieder in Berlin wohnen; die Sache mit Italien wird mir jetzt zu teuer und dann muss ich mich ja auch wieder einmal in Berlin sehen lassen.“ In Kaiserslautern findet eine weitere große Einzelausstellung statt. Für den Katalog schreibt Purrmann eine erste autobiographische Notiz: Aus meinem Leben.
1928
Die Serie der Einzelausstellungen setzt sich fort. In Nürnberg bekommt Purrmann im Rahmen der Ausstellung Pfälzer Kunst von Churfürst Carl Theodor bis zur Gegenwart eine Sonderschau mit 21 Werken zugestanden. Er wohnt jetzt in Berlin am Lützowufer 13 über der Galerie Alfred Flechtheim. Purrmann schreibt Van Gogh und wir. Die gefälschte Kunst. Expertisen – Restaurierungen – Fälschungen und auch Über deutsche Malerei und ihre internationale Bewertung.
1929
In einem Zeitungsartikel über Curt Glaser ist Purrmann in dessen Kreis neben Karl Scheffler abgebildet. Eines seiner Stillleben hängt dort neben Bildern von Munch.
Mit 28 Aquarellen nimmt Purrmann am Wettbewerb zur Ausgestaltung der Hl. Rochus-Kapelle in Hohenecken bei Kaiserslautern teil, der zentralen Gedenkstätte der Gefallenen im Ersten Weltkrieg in der Pfalz. Sein Beitrag wird aber abgelehnt. Den Aufenthalt in Hendaye bei Bayonne muss er wegen einer schweren Typhuserkrankung abbrechen, an der Purrmann und seine Frau Jahre später noch laborieren.
Dem sechzigjährigen Max Slevogt dediziert Purrmann in Kunst und Künstler einen Glückwunschbeitrag. Er schreibt auch eine Besprechung zur Ausstellung von Werken André Derains bei Flechtheim in Berlin, und bespricht kritisch einen Vortrag Schefflers in der Zeitschrift Kunstauktion.
1930
Im April wird Purrmann zu seinem 50. Geburtstag in der Presse geehrt und erhält den Ehrenpreis des Reichsministeriums des Inneren verliehen. Curt Glaser schreibt am 15. April aus diesem Anlass: „Wäre Purrmanns Kunst besser verstanden worden, so hätte der deutschen Malerei mancher Irrweg erspart bleiben können. Dem Fünfzigjährigen, der in der Fülle seiner künstlerischen Kraft steht, möchte man endlich die Wirkung in die Weite wünschen, die seinem Werke gebührt (...).“
Während seines Sommeraufenthalts in Sanary-sur-Mer – gemeinsam mit dem in Weßling bei München lebenden Kollegen Heinrich Brüne – ist Purrmann enorm produktiv. Er macht auch diverse Bekanntschaften, u. a. mit Werner Gilles. Purrmann verfasst für die Galerie Flechtheim ein Geleitwort zur Matisse-Ausstellung in Berlin. Seine Betrachtungen Malereien der Kinder erscheinen.
1931
Purrmann reist nach Paris, trifft sich mit Matisse, besucht Ausstellungen, u. a. von Picasso. Er hält sich auch in Venedig auf, wo er ausschließlich aquarelliert.
Im Mai erreicht ihn der Auftrag, die Stirnseite des Tagungssaales im Speyerer Rathaus zu gestalten. Nach einer längeren Bildfindungsphase, die sich in einer Reihe von Aquarellen gut überblicken lässt, legt er sich auf das Thema Allegorie der Kunst und Wissenschaft in Form eines Triptychons fest.
Karl Scheffler berichtet 1931 anlässlich der Ausstellung in der Akademie ausführlich in Kunst und Künstler von Purrmanns Arbeit in Sanary-sur-Mer.
1932
Purrmann führt das Triptychon zunächst als Karton in Originalgröße (Landesmuseum Mainz) aus. Um die Wirkung vor Ort zu prüfen, hängt er die Kartons probeweise auf und macht Fotos aus verschiedenen Blickwinkeln. Die gegen die Jahresmitte vollendeten Leinwände werden zuerst im Juli in der Berliner Akademie der Künste einer größeren Öffentlichkeit vorgestellt. Kurz nach deren endgültigen Anbringung im Ratssaal im Dezember beginnt in Speyer eine diffamierende Debatte darüber, ob man die Bilder wieder abhängen solle. Purrmann bespricht in Kunst und Künstler Slevogts Fresken in Ludwigshafen und gratuliert dem Verleger Bruno Cassirer mit einem Festschriftbeitrag zum 60. Geburtstag.
1933
Im Mai hält sich Purrmann drei Wochen zur Kur in Karlsbad auf. Er schreibt von dort am 18. Mai 1933 an Brüne: „Ich verbrachte jetzt eine lange Zeit in Berlin bin umgezogen nach der Genthiner Straße 13 Berlin W 35, ich habe mir damit das Wohnen sehr verbilligt und komme dadurch leichter wieder auf Reisen! Ich habe viel gearbeitet, viel ausgestellt und immer, immer wieder die Bilder unverkauft zurückerhalten, schon seit 2 Jahren habe ich nichts als ein paar Aquarelle verkaufen können, man kann fast mutlos werden, wenn einem sein Beruf nur Kosten macht und überhaupt nichts einbringt.“
Purrmann gehört zu den Künstlern, gegen die eine nationalsozialistisch indoktrinierte Agitation geführt wird, was ihm sehr zu schaffen macht: „Aus Speyer habe ich den größten Ärger man wollte meine Malereien (... [unleserlich]) und jetzt sind die zu genagelt und mit Hakenkreuzfahnen behängt, wenigstens für den Augenblick geschützt, kaum zwei oder drei Leute setzen sich dafür ein und der Kampfbund so wie die Notgemeinschaft Pfälzer Künstler haben Rundschreiben herumgehen lassen, daß man mit der vergangenen Zeit aufräumen und die reaktionären liberalen Malereien doch beseitigen müsse und dieses Schreiben das mit 49 auf 50 Antworten zustimmend beantwortet wurde ist von dem Hurenschwein dem Maler Fay unterzeichnet worden, der auch in den Kreisratssaal so ein Bild malte, was aber noch trauriger ist, dass der Maler Haueisen da mit tut. Jetzt ist in Berlin eine große Pfalzausstellung da bin ich nicht einmal eingeladen!“ (an Brüne, 22. 12. 1933)
In der Basler Kunsthalle findet eine Ausstellung des Schweizer Malers Pellegrini statt, an der Purrmann partizipieren kann. Auf dem Katalogumschlag wird er nicht erwähnt.
Purrmanns letzte Publikation für längere Zeit ist der Südseekunst gewidmet. Er gewährt dem von den Nazis gesuchten Th.Th.Heine Unterschlupf und ermöglicht ihm auch die Ausreise in die Tschechoslowakei. Wie aus der Beschriftung von Photorückseiten nach Aquarellen bzw. dem Erwerbungsdatum der Graphischen Sammlung der Staatsgalerie Stuttgart hervorgeht, reist Purrmann nicht erst 1939, sondern bereits 1933 nach Trient.
1934
Den Anfang des Jahres verbringt Purrmann in Florenz, im Februar reist er nach Breslau und auch nach Schreiberhau (Schlesien), wo Johannes Guthmann lebt. Im September folgt eine Reise mit den Malerkollegen Hugo Troendle und Rudolf Hoerschelmann aus München zur Corot-Ausstellung nach Zürich. Im November geht eine letzte Reise vor dem Krieg nach Paris, wo Purrmann Matisse wieder trifft.
In den Jahren 1933/34 gibt Purrmann etliche Bilder zu Dr. Lucas Lichtenhan, dem Leiter der Basler Kunsthalle, in Kommission und hofft so auf Einnahmen aus dem Verkauf seiner Werke.
1935
Am 11. Februar findet die Beisetzung Max Liebermanns statt, Purrmann ist unter den anwesenden Trauergästen. Aus der Ausstellung Berliner Kunst in München in der Neuen Pinakothek in München wird ein Bild von Purrmann entfernt.